Herausgegeben von Alois Wierlacher.
LIT-Verlag, Berlin 2011, 543 Seiten, 39.90 €
ISBN
978-3-643-11442-6
(= Band 3 der Buchreihe Wissenschaftsforum
Kulinaristik)
Aus der Einführung
Im Zeitalter der Globalisierungsprozesse gewinnt die Gastlichkeit erhöhte
Aktualität und muss wie alle Leitkonzepte neu gefestigt werden. Zu Anfang des
zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts heißt das, unsere Begriffe von
Gastlichkeit und ihren Bedeutungen angesichts der fortschreitenden
Internationalisierungs- und Globalisierungsprozesse so zu erneuern, dass sie im
Dialog der Menschen und Institutionen über kulturelle Grenzen hinweg Funktionen
von wenigstens mittlerer kultureller Reichweite gewinnen. Es ist also ein
universell akzeptables Gastlichkeitskonzept zu erarbeiten, das zugleich
Spielräume für Gastlichkeitsbegriffe eröffnet, die in Wahrung historischer
Besonderheiten nur für einzelne Kulturregionen gelten. Drei Grundformen der
Gastlichkeit zu unterscheiden: die ontologische Form, die politische und die
kulturelle. Mit der ersten Form wird das Faktum erfasst, dass wir alle Gast des
Lebens sind; mit der politischen Form der Gastlichkeit ist der Bedarf an
Aufnahme von Menschen in Not und Verfolgung bis hin zum Asyl gemeint; mit dem
Begriff „kulturelle Gastlichkeit“ bezeichnen wir die kulturspezifische Praxis,
Menschen zu bewirten, zu einem gemeinsamen Essen einzuladen und zu beherbergen.
Diese dritte Variante definiere ich als ein Beziehungskonzept, ein Kulturmuster,
eine Rechtsfigur, ein Geschäftsmodell und eine übergreifende Schutzkategorie.
09.11.2023